Eine schlimme
Nachricht, eine schwere Erkrankung, der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine
Naturkatastrophe: Krisen gehören zum Leben und erstrecken sich auf alle
Bereiche des menschlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Zusammenlebens. Typischerweise reagieren wir darauf mit Abwehr und Widerstand.
Krisen
ermächtigen uns aber auch, Bisheriges zu überdenken, Altes über Bord zu werfen
und Neues aktiv zu gestalten. Krisen bieten uns die Chance, unseren Geist und
unser Herz zu öffnen – und somit die Selbst-Qualitäten zu nutzen, um
Veränderungen bei uns und in unserem Umfeld zu bewirken.
Die aktuelle
Corona-Lage in 2020 hat dies eindrücklich gezeigt. Der Umgang mit den
ausgelösten Veränderungen stellt uns alle vor große Herausforderungen und wir merken,
wie schwer es uns fällt, damit umzugehen.
Seit März
2020 arbeiten wir mit Klienten und Kunden daran, das Unbegreifliche
verständlich zu machen, um Wege aus der Krise zu finden und Wandel zu
ermöglichen. Dafür verbinden wir die Modelle von Elisabeth Kübler-Ross (5
Sterbe-Phasen), Otto Scharmer (U-Theorie) und Dr. Richard Schwarz (Internal Family
System) zu einem praktischen Ratgeber und Leitfaden.
Phase 1: Die
verbannten Teile: ohnmächtig, verängstigt, hilflos
Im ersten
Kontakt mit einem einschneidenden Ereignis werden innere Verbannte bei uns
getriggert, z. B. der ohnmächtige, der verängstigte oder der hilflose Teil.
Wir fühlen die Machtlosigkeit gegenüber dem Impuls aus der Außenwelt und
verfallen in einen Schock. Glücklicherweise übernimmt sofort unser inneres
System die Führung und sorgt dafür, dass wir diese schlimmen Gefühle nicht
fühlen müssen. Daher bemerken bzw. spüren wir diese Phase kaum oder nicht:
Feuerbekämpfer übernehmen sofort die Führung und versuchen das Feuer der unangenehmen Gefühle zu löschen.
Phase 2: Der
leugnende Teil
Der erste Feuerbekämpfer
versucht, das Ereignis zu verdrängen bzw. klein zu reden. Informationen werden
als Falschmeldungen abgetan, Fakten werden als Fake-News bezeichnet, die ganze Aufregung ins
Lächerliche gezogen und als Panikmache abgewinkt. Wir wiegen uns in
trügerischer Sicherheit, dass das Ereignis uns nicht erreichen wird und es
maximal andere betreffen wird, z. B. „das ist doch nur eine Grippe“, „das kommt
nicht zu uns“, „ich bin jung und gesund“.
Phase 3: Der
wütende Teil
Der nächste Feuerbekämpfer
sucht die Schuld im Außen und versucht, Schuldige zu benennen: Politiker,
Vorgesetzte, ausländische Regierungen, Partner, Mitmenschen. Angestauter Ärger
und Wut machen sich breit, indem wir gefühlte Ungerechtigkeit beklagen. Das
erweckt in uns das kurzzeitig angenehme Gefühl von Mobilisierung und
Verbrüderung mit Gleichgesinnten, z. B. „die da oben haben keine Ahnung“, „die
Chinesen haben viel zu spät eingegriffen“, „warum passiert mir das gerade
jetzt“, „ich lasse mir meine Freiheiten nicht nehmen“.
Phase 4: Der
verhandelnde Teil
Nun übernimmt
ein neuer Feuerbekämpfer, der mit minimalen Maßnahmen - wie beispielsweise
Händewaschen und kurzfristige Hygienemaßnahmen – versucht, das Schlimmste
abzuwenden, z. B. „wenn wir das jetzt machen, dann ist im Sommer alles vorbei“.
Mit „wenn – dann“-Verknüpfungen versuchen wir, das Ereignis zu besänftigen oder
auslaufen zu lassen, z. B. „wenn ein Impfstoff gefunden ist…“, „wenn wir
genügend Vitamine zu uns nehmen…“, „wenn wir ein paar Wochen unsere Kontakte
einschränken…“. All dies ist verbunden mit der Hoffnung, dass es danach „wieder
so wie früher wird“.
Phase 5: Die
verbannten Teile im „Tal der Tränen“
Wenn alle
vorangegangenen Abwehr-Maßnahmen nichts helfen, dann spüren wir die Verbannten
aus Phase 1 wieder: den ohnmächtigen Teil, den verängstigten Teil, den hilflosen
Teil. Wir fühlen uns traurig, kraftlos und handlungsunfähig, wenn wir die
Unabwendbarkeit des Ereignisses realisieren. Typische Sätze sind „das hört doch
nie auf“, „es wird mich ruinieren“, „es wird nie wieder so wie früher“, „das
macht die Gesellschaft kaputt“. Das Gefühl der Hilflosigkeit übernimmt und wir
sehen keinen Ausweg.
Wendepunkt
im SELBST: Öffnung ins Hier & Jetzt
Erst wenn ich
mir mit offenem Geist und offenem Herzen meiner Innenwelt bewusst werde und für
meine Feuerbekämpfer und verbannten Teilen sorge, komme ich zum inneren
Wendepunkt. Ich öffne mich dafür, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft zu
sein, sondern ganz im Hier & Jetzt. Das erlaubt mir, meine
Möglichkeiten und meine Grenzen anzuerkennen.
Die
Selbst.Qualitäten sind:
Zuversicht
Mut
Klarheit
Gelassenheit
Neugier
Kreativität
Verbundenheit
Mitgefühl
Phase 6: Akzeptieren
Wenn wir im
Hier & Jetzt sind, wehren wir uns nicht mehr gegen das, was uns das Leben
präsentiert, also das aktuell nicht Änderbare. Wir akzeptieren die gegenwärtige
Situation, und aus dieser Präsenz heraus entwickeln wir Kraft. Wir agieren aus
unserer Mitte heraus mit den not-wendigen Selbst.Qualitäten: Wir gehen die nächsten
Schritte, wir lassen Altes hinter uns und lassen Neues entstehen.
Phase 7:
Neuorientieren
Ausgehend von
der Akzeptanz gehen wir nun auf die neue Situation zu und probieren uns aus –
ohne genau zu wissen, wohin der Weg führen wird. Wir bringen Ideen ein, wir
schaffen Raum für Ungedachtes, wir lassen uns leiten von dem, was wir in uns
haben. Neugier und Interesse gepaart mit einer offenen Grundhaltung sind unsere
Begleiter. Fast wie eine Start-Up-Mentalität erzeugen wir eine
Aufbruchsstimmung und loten Potenziale aus.
Phase 8: Lernen
Bei unseren
Versuchen in der neuen Welt erlauben wir uns Fehler – denn nur so können wir
lernen und den Gegebenheiten anpassen. Wir halten den Raum, in dem Lust auf
Lernen gedeiht und uns Erkenntnisse bringt. Sowohl im Außen als auch im Innen
zahlt sich unsere Arbeit nun aus, wir nutzen unsere Ressourcen und lernen dabei
unsere inneren Manager kennen. Nicht alles wird Bestand haben, aber wir legen
die Basis für die Zukunft.
Phase 9:
Gestalten
Die
Veränderungen, die wir uns wünschen bringen wir selbst in die Welt. Unsere Ideen
werden zu Visionen, und wir bringen konkrete Aktionen im Kleinen oder im Großen
in die Umsetzung. Statt ohnmächtig und hilflos sind wir handlungsfähig und
selbst.wirksam. Wachstum wird möglich.
selbst.werk
Michaela & Andreas Hauser
Kolbestr. 3, 04229 Leipzig
www.selbstwerk.eu